Mehr Eier!

Das Plakat zu Julie & Julia

[ursprünglich auf evolver.at am 01.05.2009 erschienen]

Du brauchst mehr Eier!
Du brauchst mehr Eier!

Was wir sehen: Zwei Eier, die sich aneinander lehnen. Dazu die Frage „Do you have what it takes?“ – etwa: „Hast du, was man braucht?“ Außerdem gibt es noch einen Übertitel: „Passion. Ambition. Butter.“ Lustigerweise ist das quasi 1:1 übersetzbar. Man könnte natürlich auch sagen: Leidenschaft. Ehrgeiz. Butter.
Außerdem scheint noch sehr wichtig zu sein, daß der Film von Nora Ephron (die auch Regie geführt hat) für die Leinwand adaptiert wurde.
Neben diesen zahlreichen Informationen gibt es aber noch mehr Schrift, die uns sagt, daß der Film auf zwei wahren Geschichten basiert und daß Amy Adams und Meryl Streep mitspielen.

Worum es augenscheinlich geht:
Entweder ist das ein Hausfrauenfilm über 50er-Jahre-Damen, die in der Küche unter großem Konkurrenzdruck stehen – oder es geht um Emanzipation.

Worum es tatsächlich geht: Die Regierungsangestellte Julie Powell (Amy Adams) beschließt eines Tages, sich innerhalb eines Jahres durch ein ganzes Kochbuch zu kochen – und zwar durch das von Julia Child (Meryl Streep) verfaßte „Die Kunst des französischen Kochens“. Julie befindet sich allerdings ganz und gar nicht in Frankreich, sondern in einer winzigen Küche in Queens, New York. Kann man Frankreich nach Amerika holen, nur durch das Kochen?

Zum Plakat: Starkes Motiv, schöne Typographie. Trotz des vielen Texts recht übersichtlich. Und, wie ich nach einem Blick vermutet hatte, geht es tatsächlich ums Kochen. Das hat allerdings mehr mit der Kombination aus dem Wort Butter und dem Bild der Eier zu tun, denn natürlich kam mir nach der Frage „Hast du, was man braucht?“ in den Sinn, daß man im Deutschen ja sagen kann „Hast du genug Eier, um zu tun, was du tun willst?“ – im Englischen würde das „do you have the balls?“ bedeuten und ist genauso zweideutig wie im Deutschen.
„Hast du, was man braucht?“ läßt also hier zwei Interpretationen zu: zum einen die Frage, ob du genug Kraft und Energie hast, um etwas durchzuziehen, was du dir vorgenommen hast; und zum anderen wortwörtlich, ob du die Zutaten (in diesem Fall Eier) hast, die für die nachzukochenden Rezepte benötigt werden.
Mir hat das Plakat schon auf den ersten Blick gefallen, weil es humorvoll ist und auch die Farbkontraste sehr schön klar sind. Wäre auf dem Bild mehr zu sehen als nur die Eier, wäre es ein hoffnungslos überladenes Plakat – aber hier hat jemand alles richtig gemacht, bravo! p693gefumd

EDIT: geworben wird natürlich wie immer mit folgendem Langweiler-Plakat:

julie_und_julia

Plakat – Il Divo – Der Göttliche

via outnow.ch

Was wir sehen: Das Portrait eines Mannes mit einer auffälligen Brille vor einem roten Theatervorhang. Eine Gruppe von 6 Männern mit roten Krawatten steht auf einem Schachbrettfußboden. Dazu die Zeile „19 x Minister, 7 x Premierminister, 29 x angeklagt, 29 x freigesprochen“.

Worum es augenscheinlich geht: Um einen mächtigen Mann. Der ganz schön viel Dreck am Stecken hat. Aber immer weiß, wie er seine Weste wieder reinwäscht. Und dabei Menschen wie Schachfiguren spielt.

Worum es tatsächlich geht: Giulio Andreotti (Toni Servillo) ist einer der mächtigsten Männer im Italien der 1990iger Jahre. Er wird als Premierminister vereidigt. Doch sein Machtgebilde beginnt zu bröckeln, als in Mailand einer der größten Korruptionsskandale der italienischen Geschichte offenbar wird – und Andreotti steckt mitten drin. Auch er hatte ein mehr als freundliches Verhältnis zur Mafia und traf nicht immer Entscheidungen, die klug waren. Und nun steht das politische System, wie Italien es kannte, kurz vor dem Aus…

Zum Plakat: Mir war der Name Andreotti kein Begriff, aber die Bildsprache des Plakates ist deutlich – hier sehen wir einen überlebensgroßen Mann, einen Mann, der im Dunkeln steht – und unter sich Menschen hat, die er nach Belieben wie Figuren in einem Schachspiel bewegen kann. Er ist der Star auf einer düsteren Bühne.
Die Farbwelt des Plakates – schwarz, weiß, rot – weckt Assoziationen an eine nazistische Ästhetik, an eine Diktatur.
Die Schrift ist serifenlos und klar – und als Kontrast zum teuflischen Portrait ein interessantes Element.
Insgesamt wirkt das Plakat überraschend modern für eine Politbiografie, bei der ich doch eher an staubtrockene Dialoge und Hinterzimmergespräche dachte.
Der Trailer betont jedoch auch das Düstere der Vorfälle und ist weniger dokumentarisch geschnitten, als ich nur von der Inhaltsangabe des Films erwartet hätte.
Sicher ein interessanter Ausschnitt der jüngeren Geschichte, mein Interesse hat das Plakat auf jeden Fall geweckt.

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